Haushaltsrede von Hr. Dr. Ullrich Shih vom 15.05.2023

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Millow, sehr geehrter Herr Schaber, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

der Haushalt 2023 wurde am 20.3. eingebracht, vom 10. bis 11.03. nicht-öffentlich im Rahmen einer Klausur vorberaten und detailliert besprochen.

Lieber Herr Schaber – Ein herzliches Dankeschön an Sie und Ihr Rumpf-Team für die sehr gute Aufbereitung und Vorstellung unseres diesjährigen Gemeindehaushaltes.

Und da sind wir schon bei einem wesentlichen Problem, was uns dieses Jahr noch heftig beschäftigen wird. Aber dazu später.

Die Zahlen wurden bereits von Hr. Millow dargelegt.

Im Vergleich zum letztjährigen Haushalt sind zwei wesentliche Punkte herauszuheben, welche einen deutlichen Unterschied zum letzten Jahr bewirken.

Zum einen erwarten wir dieses Jahr Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 108 Mio. Euro zusätzlich. Woher dieser Zuwachs kommt (im Jahr 2022 hatten wir ca. 17 Mio. Steuereinnahmen), kann sich jeder vorstellen.

Dies führt zu einem Plus im Ergebnishaushalt von ca. 91 Mio. €.

2022 hatten wir hier -1,7 Mio. €

Zum anderen sind viele Posten des letzten Haushaltes bedingt durch den Wechsel im Rathaus und der auch vorher schon eingesetzten Fluktuation von Rathausmitarbeitern liegengeblieben und somit noch gar nicht angegangen worden.

Die wichtigsten Posten auf der Ausgabenseite betreffen Sanierungs- bzw. Baumaßnahmen inkl. Planungsleistungen i.H. v. ca. 7,5 Mio. €, wie z.B.:

  • die Fortführung des begonnenen nächsten Bauabschnitts unserer Kläranlage,
  • die Sanierung der Strudelbachverdolung
  • Planungen und notwendige Sanierungen der Leitungsführung im Rahmen des Hochwasser- und Starkregenrisikomanagements für die „Neue Ortsmitte Weissach“
  • Bauhof-Umbau und in Teilen Neubau
  • Verlegung Beachvolleyballfeld
  • Neuinstallation von PV-Anlagen auf die kommunalen Dächer

Insbesondere unter dem Gesichtspunkt der gestiegenen Energiekosten und der nicht deutlich gesunkenen Inflation stellt sich die Frage, ob auch in diesem Haushalt wieder Maßnahmen für den Umwelt- und Naturschutz umgesetzt werden.

Ja!

  • Für die Installation von Photovoltaikanlagen auf kommunalen Gebäuden sind im Haushalt 000 € eingeplant. Damit stellt die Gemeinde erneut die Weichen für eine nachhaltige und unabhängige Energieerzeugung und nimmt ihre Vorbildfunktion wahr.
  • Allerdings sollte dies in diesem Jahr auch wirklich angegangen werden.
  • Umstellung unserer Straßenbeleuchtung auf klimaverträglichere und auch kostenseitig bessere LEDs in Höhe von 1,5 Mio. €
  • Die Gemeinde beteiligt sich weiterhin beim „European Energy Award – EEA“. Hierfür verbleiben Kosten von rund 500 € bei der Gemeinde.
  • Allerdings ist auch hier die schnelle Umsetzung an personellen Kapazitäten zu orientieren.
  • Des Weiteren wird auch im Jahr 2023 am Plan festgehalten, weitere Blühflächen auf der Gemarkung auszuweisen.Wie sieht es mit der Schaffung von Wohnraum aus, nachdem das Neubaugebiet „Am Graben“ nicht realisiert wird und aktuell auf dem Wöhr-Areal keine Aktivitäten erkennbar sind.

Wir sind der Auffassung, dass weiterhin jegliche Anstrengung dahingehend unternommen werden muss, Innenentwicklung vor Außenentwicklung zu erreichen.

Unter diesem Aspekt ist beispielhaft die Reaktivierung des vor einigen Jahren vorgestellten Ökonsult-Konzeptes anzustreben, welches im Ort vorhandene Wohnraumpotenziale abfragt und durch Angebote an Wohnraum-Suchende und Abgabewillige anstrebt, einen generationen-verbindenen Switch der Wohnräume zu ermöglichen.

Aus unserer Sicht ist aber eine Ausgabe und Aufgabe noch gar nicht im Haushalt abgebildet, bei welcher wir als Freie Wähler versuchen wollen mit den anderen Fraktionen einen Konsens zu finden und dieses Vorhaben trotz allen Personalmangels noch in diesem Jahr anzugehen, weil die Zeit drängt und es nicht in das nächste Jahr verschoben werden kann.

Es geht um die Auftragsvergabe und dann zügige Umsetzung einer kommunalen Wärmeplanung.

Allgegenwärtig ist in den Medien die Heizungsmodernisierung. Vermutlich spätestens ab 2024 sind Öl- und Gasheizungen nicht mehr zulässig, wenn nicht bestimmte Voraussetzungen vorliegen.

Somit beschäftigt sich gerade „gefühlt“ etwa die Hälfte der Bürger mit der Frage, wie geht’s weiter mit meiner Heizung.

Unter klimapolitischen und klimaneutralen Aspekten wäre es aus unserer Sicht sinnvoll, zeitnah und nicht erst im nächsten Jahr eine „kommunale Wärmeplanung“ zu beauftragen, welche ein Konzept und eine Zeitschiene für die Realisierung von Nahwärmeversorgung für die Bevölkerung erarbeitet.

Vorteil für jeden einzelnen Bürger der Gemeinde wäre, dass er oder sie sich nicht mehr mit der Insellösung einer eigenen Wärmequelle beschäftigen muss, sondern sich an eine kommunale Wärmeversorgung anschließen kann. Und dafür wäre es nicht gut, wenn sich im Zuge der aktuell laufenden Diskussion um zukünftige Heizungsarten, jetzt schon oder spätestens im Jahr 2024 jeder Betroffene schon wieder mit einer eigenen Heizung versorgt haben wird.

Deshalb meine Empfehlung an Sie, die Bürgerschaft:

Warten Sie noch mit Ihrer Entscheidung für die Neuinstallation eines Heizungssystems, welcher Bauart auch immer, denn wenn wir es schaffen, eine Nahwärmeversorgung in Weissach (natürlich nur Schritt für Schritt realisierbar) zu etablieren, dann ist das kostensparend für jeden, klimaschonender als wenn jeder selber heizt und wesentlich flexibler, wenn es aus politischen, wirtschaftlichen oder Klimagründen erforderlich wird, erneut das Konzept der Wärmegewinnung zu ändern. In diesem Fall muss dann nur an einer Stelle (nämlich der kommunalen Wärmeerzeugung) eine Anpassung stattfinden, anstatt in jedem Haushalt wieder eine neue Heizung zu installieren.

Falls Sie persönlich also die Möglichkeit haben zu warten, tun Sie das. Es könnte sich für Sie lohnen.

Wir wissen, dass die Personalsituation auf dem Rathaus immer noch nicht zufriedenstellend ist und die Mitarbeiter am Rande des Möglichen, aber dennoch mit deutlich spürbarem Engagement arbeiten, weil auch sie merken, hier bewegt sich etwas.

Diesen frischen Wind gilt es zu unterstützen.

Deshalb gilt unser besonderer Dank der gesamten Verwaltungsmannschaft inklusive Bauhof für den immer unermüdlichen Einsatz für unsere Kommune.

Wir sehen hier aber weiterhin den dringenden Handlungsbedarf für die Zukunft.

Wir wissen, dass sich eine schnelle Lösung nicht abzeichnet, da die Personalsituation unserer Gemeinde sich landauf, landab in exakt der gleichen Konstellation bei den anderen Kommunen wiederfindet.

Es findet hier ein gnadenloser Verdrängungswettbewerb statt.

Trotz des Hintergrunds der Personalsituation auf dem Rathaus sehen wir dringenden Handlungsbedarf beim Starkregenrisikomanagement und Hochwasserschutz für dieses Jahr.

Nicht nur, dass diese Planung mit der Dimensionierung der Leitungen in der Weissacher Ortsmitte einer Neugestaltung vorhergehen muss

nur mit konsequenter Umsetzung in großen und auch kleinen Schritten, werden zukünftige Schäden in Weissach vermindert.

Wir sind sehr erfreut über das Plus von ca. 91 Mio. € im Haushalt 2023.

Sicher weckt die Summe einige Begehrlichkeiten und Unverständnis über weiter andauernde Einsparungen.

Wir werden trotz allem Gebühren, Freiwilligkeitsleistungen und Hebesätze im Auge behalten.

Unter Ausklammerung der sprunghaft angestiegenen Gewerbesteuereinahmen, sind wir im Haushalt nämlich immer noch defizitär.

Nicht berücksichtigt sind außerdem diverse Umlagen, die unseren Haushalt mittelfristig belasten werden und die Einnahmen zeitversetzt weiter verringern.

Wir als Freie Wähler befürworten daher die Investition in Maßnahmen, die unsere Gemeinde zukunftsfähig machen, das Ziel unsere Abschreibungen auch zu erwirtschaften und auf einen ausgeglichenen Haushalt hinzuarbeiten.

Wir unterstützen daher den Vorschlag der Verwaltung die unerwarteten Mehreinnahmen gedanklich auf ein nicht anzutastendes Konto zu legen und nicht zu verplanen.

Mit dieser Summe im Rücken können wir beruhigter in die Zukunft schauen.

Mit dem vorliegenden Haushalt sehen wir die wichtigsten Handlungsfelder für Weissach berücksichtigt und stimmen ihm deshalb zu.

Vielen Dank!